"Ist Die Simpsons rassistisch?" ist eine der großen Fragen der Popkultur in diesem Jahr
In ihrer 29. Staffel und mit mehr als 600 Folgen ist Die Simpsons die am längsten laufende fiktionale TV Show der Primetime aller Zeiten. Abgesehen davon, dass sie es 2007 auf die Leinwand geschafft hat (mit Golden Globe und BAFTA-Nominierungen), hat die beliebte amerikanische animierte Sitcom ihren Erfolg in vielen Formen jenseits der üblichen T-Shirts und Kaffeetassen kapitalisiert. Die Show hat ihr eigenes Bier und sogar einen Themenpark in den Universal Studios in Hollywood inspiriert. Laut Variety haben Die Simpsons allein im Jahr 2013 mehr als 4,6 Milliarden US-Dollar aus Konsumgütern eingebracht. Wie einst in Portlandia dargestellt, gibt es sogar einen Underground-Markt für die Simpsons-Merchandise, einschließlich einer Wasserpfeife, die auf dem überflüssigen Charakter Otto beruht.
Abgesehen von ihrer langen Laufzeit, ist Die Simpsons auch eine der am meisten gefeierten TV-Serien. Mit fast 30 Jahren kommerziellem Erfolg und 32 Emmys wurde Matt Groenings Kreation vor allem in der Unterhaltungsindustrie nur wenig kritisiert. Bis jetzt. Es mag eine Überraschung sein, oder auch nicht, wenn wir berücksichtigen, dass uns im Zeitalter der Krieger der sozialen Gerechtigkeit, des ewigen Auslassens auf Twitter und des allgemeinen konstanten Chaos befinden. Der Komiker Hari Kondabolu zumindest will, dass du weißt, dass er ein Problem mit den Simpsons hat. Genauer gesagt hat er ein Problem mit dem indischen Einwanderer Apu Nahasapeemapetilon, dem Eigentümer des Ladens Kwik-E-Mart. In seinem neuen Dokumentarfilm, Das Problem mit Apu, spricht sein Problem an.
Im Jahr 2012 erklärte Kondabolu erstmals öffentlich Apu in einem Sketch in Totally Biased With W. Kamau Bell den Krieg, als er die Darstellung von Indern im amerikanischen Fernsehen vor der Premiere von The Mindy Project diskutierte. Für Kondabolu stellte Mindy Kalings Sitcom auf Fox, wo die Simpsons ausgestrahlt werden, "eine Entwicklung in Echtzeit" dar. Es gebe "jetzt so viele Inder, dass ich dich nicht mögen muss, nur weil du Inder bist", sagte er.
Wie Kondabolu erzählt, hat ihn die Zeichentrickfigur, die dafür bekannt ist, "Dankeschön, komm wieder" mit einem übertriebenen Akzent zu sagen, obwohl sie dies in der 27-jährigen Serie nur acht Mal gesagt hat, seit seiner Jugend verfolgt, weil er, während er aufwuchs, "keine andere Wahl hatte als diese einsame, unglaublich ungenaue Darstellung seiner Rasse zu mögen". In seinem Beitrag in Totally Biased erwähnt er auch, dass Apu von dem Schauspieler Hank Azaria gesprochen wird, "einem Weißen, der den Eindruck eines weißen Mannes macht, der sich über meinen Vater lustig macht." Die vierminütige Tirade ging viral, wobei auch Slate und Huffington Post darüber berichteten, und konfrontierte auch Azaria damit. Obwohl Azaria nicht für The Problem With Apu vor der Kamera interviewt werden wollte, setzte er sich 2013 mit dem Kunstreporter Mallika Rao von Huffington Post zusammen, um zu erklären, dass er bis zu diesem Zeitpunkt nie darüber nachgedacht hatte, wie die indische Community seinen Akzent wahrnahm.
Kondabolu ist bei weitem nicht der einzige über Apu enttäuschte Südasiate in der Unterhaltungsindustrie. Sein einstündiger Film enthält auch Interviews mit prominenten indischen Komikern und Schauspielern, wie Aparna Nancherla, der ehemaligen Autorin für Late Night Mit Seth Meyers, der House of Cards Schauspielerin Sakina Jaffrey, Hasan Minhaj, dem Senior Korrespondenten der Daily Show und Utkarsh Ambudkar, dem Schauspieler von Mindy Project. Vor der Weltpremiere von The Problem With Apu am 19. November auf truTV (der Dokumentarfilm wurde am 14. November auf dem Filmfest DOC NYC uraufgeführt), unterhielt sich Playboy mit Kondabolu über die Entwicklung seines Beitrags über Rassismus in einem mit Spannung erwarteten Film, der dazu beiträgt, dass das Land sich Gedanken über eine der größten TV-Shows Amerikas macht.
Vor fünf Jahren hast du über die Darstellung der Inder in den Medien und den Charakter von Apu in Totally Biased mit W. Kamau Bell gesprochen. Jedoch war es 2012 nicht das erste Mal, dass du dich mit diesem Thema befasst hast. Wann ist die Idee für ein größeres Projekt entstanden?
Ich hatte eine ganze Zeit über Apu Witze gemacht, aber in Totally Biased habe ich das erste Mal öffentlich darüber gesprochen, dass ich es nur widerwillig tat, weil ich es schlichtweg blöd fand. Kamau erklärte mir dann: "Du hast das Gefühl, dass es blöd ist, weil du und deine Leute seit 20 Jahren über Apu sprechen und darüber, wie sehr du den Charakter hasst, aber niemand sich wirklich Gedanken darüber macht". Die Simpsons ist eine Institution und Apu ist eine Figur, die jeder zu kennen glaubt. Ich habe Kinder getroffen, die nicht einmal die Show gesehen haben, aber wussten, wer Apu war, weil sie so genannt wurden. Dies ist etwas Universelles. Selbst wenn du nichts mit rassenpolitischen Themen oder der Diskussion über die Darstellung zu tun hast, ist es ein Simpsons-Film.
Was war das anfängliche Ziel der Filmproduktion?
Das Ziel des Films war, dieses Thema mit vielen Menschen zu diskutieren und die Erfahrungen der Menschen zu teilen, denn ich habe das Gefühl, dass es wichtig ist, die Geschichte von Minstrel zu zeigen. Am liebsten habe ich die Interviews gefilmt. Ich habe mit einer Gruppe von Leuten mit ähnlichen Erfahrungen gesprochen und wir haben uns über dieselben Dinge lustig gemacht. Es gab einige Momente, in denen Leute zurückschreckten und sagten "Ich kann nicht glauben, dass sie dich gebeten haben, diesen Charakter zu spielen" oder "Ich kann nicht glauben, dass dein Vater das durchgemacht hat", aber gleichzeitig wurde viel gelacht. Ich habe eine starke Verbindung zu anderen Südasiaten aufgebaut. Für mich ist Apu ein Minstrel-Charakter. Aber wir brauchten einen Aufhänger, um den Film zu erzählen. Können wir Matt Groening oder Hank Azaria haben? Das gibt dem Film eine bestimmte Richtung. Matt lehnte ab. Wir versuchten es weiter und konnten mit Hank hinter der Kamera sprechen, und dann entschied er sich, nicht im Film dabei sein zu wollen. Das war zwar ein Ziel für den Film, aber nicht unbedingt das Ziel, das die Leute von dem Film mitnehmen sollten. Als wir das Interview nicht bekommen konnten, war ich enttäuscht. Es war eine große Frage. Wie endet das? Ich habe das im Film ausgedrückt, aber darin steckt viel Wahrheit. Ich dachte mir: "Mist, was jetzt?"
Du konntest Azaria nicht vor der Kamera interviewen. Hast du seitdem mit ihm gesprochen? Glaubst du, dass du von ihm danach noch etwas hören wirst?
Ich weiß es ehrlich gesagt nicht. [Als wir uns am Telefon unterhielten], sagte er, er habe meine Arbeit gemocht und habe meine Arbeit seit meinem ersten [Totally Biased] Beitrag verfolgt. Er war glücklich über meinen Film und fand ihn sehr interessant. Er hatte bereits Dokumentationen gemacht und er wusste, wie der Bearbeitungsprozess funktioniert. Es gab einen Kompromiss, der darin bestand, dass wir das Interview in einem öffentlichen Forum machen können. Es musste etwas sein, wo ich zur Rechenschaft gezogen werden konnte. Ich war damit einverstanden. Der Film handelt von Verantwortlichkeit. Es gibt etwas zu sagen, etwas anzuerkennen, sich dafür zu entschuldigen und darüber zu diskutieren. Das ist wichtig in der Kunst. Ich stimmte zu und er sagte, er würde darüber nachdenken, bis er schließlich nein sagte. Ich würde immer noch gerne ein öffentliches Gespräch führen. Ich denke, es wäre wirklich informativ.
In dem Film wird gesagt, wie großartig es wäre, wenn Apu plötzlich seinen Akzent verlieren würde. Hoffst du, dass dieser Film ein Einfluss auf den Writers' Room der Simpsons hat?
Ich habe ihn nicht gemacht, um Einfluss auszuüben. Ich erwarte weder, dass sich etwas ändert noch ist es mir wirklich wichtig. Im Grunde ging es nicht wirklich um die Figur, sondern um ein weitreichenderes Thema, die Imagedarstellung, wie wir sie steuern und wie wichtig ehrliches und aufrichtiges Storytelling ist. Die Simpsons gibt es seit 30 Jahren. Was soll das bezwecken? Wenn du mich fragen würdest, was ich wollte, möchte ich, dass seine Kinder in der Show gehört werden. Es wäre cool, die indisch-amerikanische Kinder hörbarer werden zu lassen. Es wäre cool, wenn er nicht mehr bei Kwik-E-Mart arbeiten würde, vielleicht irgendwie aufsteigen und einen Abschluss machen würde, was auch immer. Was die Argumente wie "Nichts ändert sich bei den Simpsons" betrifft, ist das eindeutig Unsinn. Dinge passieren. Sie führen Figuren ein und setzen andere ab. Es ist eine brillante Show. Sie ist bahnbrechend, kreativ und witzig, aber Apu ist schlichtweg primitiv. Es ist in vielerlei Hinsicht geschmacklos. Und rassistisch. Rassismus ist geschmacklos. Wenn Leute sagen: "Man kann nichts mehr sagen, wenn man politisch korrekt sein will", ist das vom intellektuellen Standpunkt aus faul.
Dana Gould, eine der Autoren der Show, fragte, ob du denkst, dass Mr. Burns eine eindimensionale Figur sei. Du argumentiertest, dass Apu nicht so viel Macht wie ein reicher Weißer habe. Ist es wichtig zu betonen, welche Figuren, wie z.B. Mr. Burns, soziale Macht in der Show haben?
So behandle ich Komödien. Die beste Komödie ist die, die sich über Menschen, die Macht und Kontrolle haben und den anderen diktieren, wie der Rest von uns zu leben hat, lustig macht. Mr. Burns gibt es, weil sie sich über Howard Hughes lustig machen, der das ganze Geld der Welt und keine Perspektive in der Welt hat. Sie machen das, was ich liebe. Man kann sich auch auf witzige Weise über Menschen mit weniger Macht lustig machen, aber dann ist es auch Mobbing. Das gefällt mir nicht.
Hoffst du, dass dieser Film dir hilft, deine eigene Show zu bekommen?
[Lacht] Ha! Weißt du, das kann ich nicht beeinflussen. Ich mache einfach meine Sachen und wenn die Leute möchten, dass ich sie mache, dann werde ich das tun. Ich habe keine Ahnung. Wenn Leute mir eine Chance geben, möchte ich es echt gut machen. Ob ich eine TV-Show machen möchte? Ja klar, ich hätte gern eine Show, aber ich kann nur mit dem arbeiten, was ich habe. Ich habe das Glück gehabt, diesen Film machen zu können.
Autor: Danielle Corcione, Playboy USA